Chinasky schrieb:<P>offline geschrieben, jetzt seid Ihr ja schon wieder etwas weiter in der Diskussion...<BR>Na schön, das läuft ja langsam an...
<P>@Tau-Rah: Teilweise hast Du Recht. Ich halte die Öko-Steuer auch für eine Halbheit, die eher negativ als positiv für den Umweltschutzgedanken wirkt, denn sie bringt in ihrer jetzigen Form nichts, als das Image der Umweltbewegung zu verschlechtern. In der Grundidee ist sie aber richtig, denn sie zielt (vom Konzept her) dahin, Energie teurer zu machen. Und eine andere Lenkungsmöglichkeit als über den Geldbeutel hat unser Staat kaum, denn Fahrverbote oder Rationierung von Heizöl oder ähnliches sind (zum Glück!) in einer Demokratie nicht durchzusetzen.<P>Deine Rechnung bezüglich der Einnahmen des Staates durch die Benzin-Steuer im Vergleich zu den Ausgaben ist allerdings, wie die meisten Statistiken, relativ willkürlich. Ich weiß nicht, woher Du Deine Zahlen hast, aber bei den rund 30Millarden, die der Staat für den Autofahrer ausgibt, sind wohl nur die unmittelbaren Kosten beispielsweise für Straßenbau und Instandhaltung enthalten.<BR>Nur gibt es leider immense Folgekosten, die darin nicht enthalten sind. Das geht bei der medizinischen Versorgung von Unfallopfern los, über die Justizkosten (der Straßenverkehr ist die beste ABM-Initiative für unsere Gerichte), den sehr schwer quantifizierbaren Verlust von Lebensqualität (Verkehrslärm macht krank...) bis hin zu den nicht abschätzbaren Umweltschäden, deren Langzeitwirkungen nur zu erahnen sind. Ich habe andere Statistiken gelesen, nach denen, wenn all diese Kosten (z.B. auch der Ausfall an Bruttosozialprodukt durch verkehrsbedingte Krankheiten...) eingepreist wären, der Liter Benzin so um die 4,50 DM liegen müßte.<P>Dein Argument mit dem vernünftigen Straßennetz ist ein Witz aus den siebziger Jahren: Es wird nie, nie, nie genügend Straßen geben! Schau nach Amerika, wo die Pendler in LA allmorgendlich auf achtspurigen Highways ihre Lebenszeit im Stau vergeuden. Und Deutschland hat für ein Flächenland weltweit mit die höchste Straßendichte. Du wirst die Staus in Deutschland nicht los, wenn Du es ganzflächig mit Autobahnen zubetonierst, dessen sei gewiß! Natürlich wird im Stau besonders viel unnötig Sprit in die Luft geblasen, da gebe ich Dir recht. Aber warum muß es denn auch immer mehr und mehr Autofahrer geben, die in diesen Staus unnütz den Treibhauseffekt ankurbeln, obwohl doch unsere Bevölkerung schon seit Jahren eher ab- als zunimmt?<P>Daß ausländische LKW hier unseren Spediteuren das Leben schwer machen, hat wenig mit den Benzinkosten zu tun, denn die sind in vielen anderen EG-Ländern (Frankreich, Großbritanniern usw?.) höher als bei uns. Übrigens müssen die ausländischen LKW ja auch tanken und müßten dann auf deutschen Autobahnen auch deutsches Benzin zu deutschen Preisen zahlen. Soweit ich informiert bin, wäre es den Spediteuren sogar ganz recht, wenn die Kosten, die jetzt pro Fahrzeup erhoben werden (über die Kfz-Steuer und ähnliches), ausfallen und lieber in den Benzinpreis eingerechnet würden, das wäre wettbewerbsmäßig sogar günstiger für die Deutschen.<BR> <BR>Deinem Argument, daß der Staat lieber vernünftig haushalten sollte, als die Autofahrer abzukassieren, kann ich aus vollem Herzen zustimmen, denn es ärgert mich jetzt am allermeisten, daß eine Öko-Steuer dazu verwendet werden soll, in öko-fernen Aufgabengebieten des Staates wie der Senkung der Lohnnebenkosten Finanzlücken zu schließen. Meine Hoffnung wäre diese: das Energie aus umweltfeindlicher Produktion noch wesentlich höher besteuert würde, die Einnahmen hieraus aber erstens zur Minderung der Folgeschäden, zweitens zur Verbilligung umweltfreundlicher Energie eingesetzt würde, sodaß Solar- oder Windenergie endlich konkurrenzfähig gegenüber Atomkraft oder Benzin würden. Hier nur mal zwei kleine Beispiele: Die ?sauberen? Kernkraftwerke sind hoffnungslos unterversichert für den ? unwahrscheinlichen, aber immerhin nicht unmöglichen ? Fall eines GAUs. Ginge ein Kerkraftwerk in Nordrhein-Westfalen hoch, hätte das Folgeschäden in Billionen-Höhe als Konsequenz. Die ?Haftpflichtversicherung? der Kernkraftwerke würde nur gerade mal einen Prozentbruchteil dieser Schäden abdecken. Den Rest hätte die Allgemeinheit zu zahlen: Den Millionen von Menschen, die wegen der Verseuchung ihre Wohnungen für immer verlassen müßten, die gigantischen, eigentlich gar nicht zu bewältigenden, wirtschaftlichen Ausfälle. Derzeit liegt die Haftungsobergrenze ? ich bin jetzt mal großzügig ? bei hundert Milliarden Mark (ich glaub, es waren noch um den Faktor 10 weniger, aber da ich mir nicht sicher bin, wähle ich die für die AKW-Betreiber günstigste Zahl). Höher ist die Kernenergiewirtschaft nicht versichert, was ich gelinde gesagt für eine Frechheit halte. Von den oben erwähnten drastischen Energie-Steuern könnten dann von mir aus auch solche Versicherungs-Beiträge finanziert werden, dann würde der Preis des Atomstromes schon mal etwas realistischer als jetzt, wo man die Gewinne heute scheffelt, die Folgekosten aber kommenden Generationen (Stichwort: Endlagerung?
auflastet.<BR>Beispiel zwei: Solarstrom. Natürlich ist der bei dem heutigen Stand der Technik hier in Deutschland kaum fähig, größeren Anteil an der Energieversorgung zu übernehmen. Erstens ist der Wirkungsgrad immer noch viel zu niedrig, zweitens ist das Wetter hierzulande nicht besonders günstig. Aber: Was hindert uns daran, mit den Ökosteuern erstens die Forschung auf diesem Gebiet so zu unterstützen, wie man es früher bei der Atomwirtschaft tat, um den Wirkungsgrad zu erhöhen, und zweitens Verträge mit Staaten um den Äquator herum zu schließen, dort in der Wüste großflächig Solarenergie zu gewinnen und diese hierherzutransferieren? Heute ist das noch nicht wirtschaftlich ? eben weil fossile Brennstoffe und Atomkraft preislich viel zu günstig sind. <P>Zur Kernfusion: Als ich vor vierzehn Jahren mein Abi machte (und damals voller Überzeugung für die Kernenergie war?
, hieß es (und ich verfocht diese These mit Überzeugung), in spätestens dreißig Jahren hätten wir dieses Problem gelöst und könnten von der ?traditionellen Kernspaltung? zur umweltschonenden Kernschmelze übergehen. Der ganze Ozean als Brennstoff! Heute heißt es: vielleicht in 50 Jahren. Rechne ich weiter, so heißt es dann 2014: vielleicht in siebzig Jahren? Wobei das mit der Umweltschonung so eine Sache ist. In der Theorie hört sich das schön an, in der Praxis entstehen aber nebenbei allerhand Spaltprodukte, die es mit den heutigen jederzeit aufnehmen können. Nicht daß wir uns mißverstehen: Wenn eine relativ ungefährliche Kernfusion möglich und praxistauglich zur Verfügung stände, wäre ich nicht dagegen. Aber derzeit sieht?s nicht danach aus, als könnten wir hier in nächster Zukunft mit durchbrechenden Erfolgen rechnen, und da ist es scheinheilig, die Leute heute mit solchen paradiesischen Versprechungen zu vertrösten. Das Weltklima wird heute aufgeheizt, und wenn das noch fünfzig Jahre so weiter geht?<P>Meine Grundidee war eben, daß Energie schlicht zu billig ist. 1950 mußte man für einen Liter Benzin circa eine Stunde arbeiten, heute ist der in knapp 10 Minuten verdient. Warum also Benzin sparen? Wahrscheinlich würden die Leute auch bei einem Literpreis von fünf Mark und mehr noch Auto fahren, Geld genug dafür haben sie. Aber: Wenn gleichzeitig der öffentliches Nahverkehr und das Bahnfahren wesentlich (!!) günstiger würden, dann würde vielleicht doch der eine oder ander zu rechnen anfangen, wieviel ihm der Luxes des Alleinineinertonneblechfahrens wert ist. Und man würde vielleicht nicht mehr den knappen Kilometer bis zum Fitnesscenter oder zum Milchkaufen fahren. Und sinnloses durch die Gegend Juckeln würde zum Luxus und das wäre gut so. Ich bin nicht gegen Mobilität, aber ich bin dafür, daß sie ihren Preis hat. Denn was nichts kostet, ist uns nichts wert.<P>Nighti meint, daß Mobilität nicht unbedingt Luxus sei, sondern heutzutage eher notwendig, und Lliew hatte das Argument gebracht, daß Mobilität die Menschen zusammenbringt, und das ist ein richtiges Argument. Aber heute bringt diese Mobilität die Düsseldorfer oder Hamburger am Ballermann auf Mallorca zusammen, da stimmt doch etwas nicht, oder? Ein Goethe, zu dessen Zeit eine Italienreise eben noch ein kompliziertes und auch kostspieliges Unternehmen war, hat aus seiner italienischen Reise wirklich viel herausgeholt. Heute fliegt man am Wochenende kurz nach Mailand, um sich den passenden Gürtel zur Handtasche zu kaufen. Und tonnenweise wird Joghurt von Norddeutschland nach Italien gefahren, dort mit Erdbeerkonfitüre versetzt, dann nach Belgien gekarrt, um die richtigen Alu-Deckel verpaßt zu bekommen, und dann geht?s nach München in den Supermarkt. Alles per LkW. Es scheint sich zu lohnen. Solche Mobilität bringt kaum Menschen zusammen (höchstens die LKW-Fahrer und die Verkehrspolizei), aber sie verstopft und zerrüttet die Straßen, läßt Asthmatiker im Sommer um ihr Leben bangen und frißt unwiederbringliche Ressourcen.<P>Mobilität, die Menschen zusammenbringt, halte ich auch für wichtig und richtig. Aber auch hier kommt es eher auf die Einstellung der Menschen, als auf die jährlichen Flugkilometer an. Wenn ich mir vierzehn Tage in der Dominikanischen Republik den Wanst bräunen lasse, habe ich nicht sehr viel für die Völkerverständigung getan, oder? Wenn mir so viel daran liegt, andere Menschen und Mentalitäten kennenzulernen, brauche ich nur mal auf den Türkenkiez meiner Stadt zu gehen oder nach Polen, Frankreich oder sonst ein Nachbarland zu fahren (die sind, Willen und etwas Aufwand vorausgesetzt, sogar noch per Rad zu erreichen
). Es geht mir eben um die unnötige Mobilität: mal in die Stadt fahren, um zu gucken, was so im Kino läuft (statt vielleicht vorher mal anzurufen und dann den Bus zu nehmen, der eh fährt). Bei fünf Kumple vorbeizufahren, von denen vier gar nicht zuhause sind, und der Dritte gerade zu tun hat, statt sich mit demjenigen, den man wirklich sehen will, fest zu verabreden und dann das Rad zu nehmen. Das romantische Frühstück in Paris (das natürlich romantisch ist, aber eben von Berlin auch um die sechs Stunden Hin- und Rückfahrt braucht, wo es sicherlich auch in Potsdam ein nettes, romantisches Café geben dürfte?
. Oder die hundert Kilometer jeden Morgen vom niedersächsischen Dorf nach Hamburg rein, weil die Eltern einen mietfrei wohnen lassen (und das finanziell mehr bringt, als die Spritkosten ausmachen). Wollt Ihr noch mehr Beispiele? Nein, schon gut?<P>Die Debatte darum, wie lange die Erdölvorräte noch reichen, ist hierbei zweitrangig. Ich halte den Zeithorizont 2300 ? 2400 zwar für wesentlich zu großzügig angesetzt, aber wir sind uns doch wohl einig, daß uns, wenn es mit der weltweiten CO2-Emission so weitergeht, das Weltklima wesentlich früher um die Ohren fliegt, oder? Im übrigen hat im Presseclub jemand den schönen Satz von sich gegeben: Der letzte Liter Benzin weltweit wäre garantiert so teuer, daß er nie verbrannt werden dürfte.<BR>Ich meine: Wenn die Erdölvorkommen wirklich erstmal knapp werden sollten (nicht nur das Opec-gesteuerte Angebot), dürfte es längst viel, viel zu spät sein.<P>Amen. <img src=http://www.baldurs-gate.ch/nonbgpic/port/Hank.jpg><BR>Fröhlichen Heldentod<BR>wünscht Hank<P>