Politik, 7. Staffel

Status
Für weitere Antworten geschlossen.

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
LOL

Paul Krugman zu Griechenland
And if Greece is in effect forced out of the euro, what happens to other shaky members?

I think I’ll go hide under the table now.
Ich bin in den letzten Tagen echt entsetzt, wieviele Leute auch noch mit den allerallerdümmsten Begründungen auf Griechenland schimpfen. Dabei ist Griechenland doch bloss das schlimmste Land von einer großen Menge von Beispielen, die alle auch kurz davor stehen. Und der eigentliche Grund, warum Griechenland Probleme hat, sind die Spekulanten, nicht objektives Mißmanagement des Staates. Man müßte eigentlich nur diese Spekulanten abwürgen, und zwar so gewaltsam und gründlich wie möglich, damit sie sich die Finger verbrennen und es nicht auch noch demnächst in Spanien, Italien, Portugal etc versuchen.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Die Spekulanten für die Überschuldung Griechenlands verantwortlich zu machen, halte ich für ähnlich sinnig wie die Aasgeier für den Tot ihres Mittagessens verantwortlich zu machen. :D

Niemand hat Griechenland gezwungen Kredite aufzunehmen, das hat man dort selber zu verantworten. Aber viel besser sind wir ja auch nicht, wir fahren nur etwas langsamer auf den Abgrund zu als Griechenland, aber früher oder später ist das Ergebnis das Selbe.

Solange man niemanden zwingen kann Griechenland Kredite zu geben (de facto wird man die europäischen Steuerzahler dazu zwingen), hat Griechenland Probleme, wenn es mehr Geld braucht als es selber einnimmt.

Bei der Bankenkrise kann ich das Schimpfen auf die Banken verstehen, da hätt ich mir wenigstens gefühlsmäßig auch manchmal gewünscht, einfach den Markt unter den banken aufräumen zu lassen statt sie zu retten, da waren die Banken wirklich ursächlich (auch wenn das natürlich nur ging weil alle möglichen Anleger dicke Rendite oder überhöhte Kredite haben wollten), aber diesmal nutzen die Banken und Spekulanten nur ein ohnehin vorhandenes Problem für sich aus. Das ist nicht wirklich nett, aber mehr auch nicht.

Und würde man Griechenland pleite gehen lassen, würden die Banken, die dort Geld investiert haben, doch ihren Dämpfer bekommen, wenn wir dagegen wieder mit Steuergeld einspringen, retten wir nebenbei auch mal wieder die Banken. Aber man muss kein Linker sein um zu fordern, das das Geschäftsrisiko bei dem bleibt, der das Geschäft abschliesst und nicht immer aufgefangen wird. Im Gegenteil, das ist eigrntlich integraler Bestandteil des Marktes.
 

Ice

Technomage
Registriert
10.04.2001
Beiträge
5.924
Apropos Griechenland:
http://www.tagesanzeiger.ch/wirtsch...uation-voellig-falsch-bewertet/story/25384434

"Die Ratings von Ländern gehören nicht in die Hände irgendwelcher privater Agenturen, die unter dubiosen Umständen ihre Urteile fällen."

und...

"Von einem Bankrott Griechenlands könne man nicht reden, erklärte der Fachmann weiter. Dem Land sollte ein Übergangskredit gewährt werden, da es derzeit auf den «unvernünftigen Märkten kein vernünftiges Kapital» bekomme. Flassbeck schlug eine gemeinsame Anleihe der Euro-Länder vor. «Das ist das einzig Vernünftige, das hätte man vor einem Jahr schon machen können.»"

Sehe ich auch so!
Der Mann hört sich um einiges vernünftiger an als die Möchtegern-Milliarden-Jongleure, die jetzt "Griechenland ist pleite!" raunzen. Die Frage ist nur ob jemand hinhört.


Gruss, Ice
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@David:
aber diesmal nutzen die Banken und Spekulanten nur ein ohnehin vorhandenes Problem für sich aus.
Nein, nicht nur. Deine Argumentation beantwortet nämlich nicht die Frage, warum Griechenland und nicht Großbritannien oder die USA, die eine viel höhere Verschuldung und Gesamtverschuldung haben, bei ähnlich schlechter Wirtschaftslage?

Das, wofür die Griechen wirklich verantwortlich sind, sind ihre Bilanzmanipulationen. Aber da wurde von allen Euro-Staaten ein Auge zugedrückt. Wir sind alle mitschuldig.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Wie schauts denn bei der Verschuldung im Vergleich zum BIP oder zur Einwohnerzahl aus, lag da Griechenland nicht vor Deutschland ?
Und vor allem hat Griechenland halt eine ziemlich schwache Wirtschaft mit bescheidenen Zukunftsperspektiven, während man denen der USA oder Deutschlands noch zutrauen kann, ne Weile genug zu erwirtschaften um die Schulden abzusichern. Aber wenn wir so weitermachen, gehts uns natürlich irgendwann ganz genauso, deshalb sollte uns das eigentlich eine Warnung sein, selber für einen vernünftigeren Staatshaushalt (ausdrücklich auch über Steuererhöhungen) zu sorgen, ehe wir uns jemanden suchen müssen, der uns rettet.

Und natürlich kann Griechenland nicht so weitermachen wie bisher, wenn das gegeben ist hab ich ja nichts gegen Kredite, aber das ist eben ein starkes wenn und sollte nicht zur Floskel verkommen. Und genau das befürchte ich eben: Es wird Geld gegeben, mahnend der Finger gehoben, und dann passiert exakt gar nichts, bis das Problem in ein paar Jahren wieder auftaucht und die Mrd. verpufft sind.
Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass eine Rückkehr zur Drachme der bessere Weg wäre, wobei natürlich beide wehtun werden.

Und wie ganz am Anfang mal gesagt: Neben dem wirtschaftlichem Aspekt hab ich (fast noch mehr) Angst vor den politischen Folgen, sowohl in Griechenland als auch in den Geberländern. Das ist ein gefundenes Fressen für alle Oppositionspolitiker, leider auch für die von den extremen Rändern, und da das Ganze nichtmal auf Griechenland alleine beschränkt ist, kann das langfristig ziemlich böse enden.

PS.:
Was die Schummeleien angeht könnt ich mir wie gesagt gut vorstellen, dass man damals froh war um jedes Land das beim Euro mitmachen will, und deshalb absichtlich nicht so genau hingeschaut hat. Insofern ist das jetzt nebensächlich, aber wir müssen halt diesmal aufpassen, dass die Bedingungen für die Kredite wirklich eingehalten werden. Und diese Bedingungen sollten so gestaltet werden, dass man sie danach auch anderen Ländern mit Finanzproblemen anbieten kann.

EDIT @Ice:
Wenn du wirklich sicher bist, dass das stimmt, kauf dir griechische Staatsanleihen, soviele Zinsen ohne Risiko kriegst du nie wieder. :D
Wenn da aber doch noch ein Rest Unsicherheit sein sollte, wenns ums eigene Geld geht, ist die Einstufung als spekulative Anlage nicht ganz verkehrt..

(Wobei ich nichts gegen staatliche Bewertungsstellen hätte, ob die dann besser liegen, würde sich dann ja zeigen, und die Kosten dürften überschaubar sein, insofern spricht nichts dagegen)
 
Zuletzt bearbeitet:

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
Bitte, einfach runterscrollen, dann kriegst du auch entsprechende Daten für USA, GB usw.

Ich hab ja oben schon geschrieben, dass die Verschuldung in USA und GB viel höher ist, sowohl Neuverschuldung als auch insgesamt. Und damit meine ich natürlich in Relation zum BIP, nicht absolut. Absolut ist ja Schwachsinn bei 11 Mio. Griechen zu 300 Mio. Amis.

In Deutschland ist die offizielle Staatsverschuldung bei >60% BIP. Allerdings hat bei uns noch niemand richtig in die Bilanzen geschaut, die Schattenhaushalte (sprich: Sondervermögen) mit eingerechnet. Unsere öffentliche Gesamtverschuldung dürfte auch etwa bei 3 Bio. € liegen, statt 1,8 wie offiziell. Und damit auch bei ~100% BIP.

und deshalb absichtlich nicht so genau hingeschaut hat. Insofern ist das jetzt nebensächlich,
Wenn jetzt Schuldzuweisungen erhoben werden, ist das überhaupt nicht nebensächlich.
 

Ice

Technomage
Registriert
10.04.2001
Beiträge
5.924
David: Wenn ich mal eben so ein paar hundert Tausend € oder mehr flüssig hätte - sofort.

Edit:
Das ganze Hickhack zumindest in Deutschland riecht derart nach dem üblichen Rating-Geblubber der selbsternannten Agenturen-Götter plus politischem Aktivismus/überrascht tun plus dem üblichen doppelten Standard der Politik, da ist etwas oberfaul. Man drückt jahrelang ein einhalb Augen zu und dann plötzlich tut man so als ob *bumm* die ganze griechische Ökonomie sich in Luft aufgelöst hätte, nur Negatives wird in die Waagschale geworfen - nichts Positives. Nein, da ist etwas gewaltig faul - ich hätte keine Probleme, die Hälfte meines flüssigen Vermögens in griechische Staatsanleihen zu stecken, egal wie viel das ist. Wäre ich Bill Gates oder Warren Buffet, würde ich da 20 Milliarden reinpumpen und dem ganzen Analüsten-Gedöns einen gewissen Finger zeigen. :D ;)

Edit2:
Ja, und als Folge davon wären am nächsten Tag die Ratings für Griechenland wahrscheinlich wieder dort wo sie vor dem ganzen Affentheater waren. :rolleyes:


Gruss, Ice
 
Zuletzt bearbeitet:

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Das geht bestimmt auch mit 4 oder 5 stelligen Beträgen, und wenns kein Risiko gibt, gilt die Regel, wonach man nur Geld in Aktien etc. stecken soll, auf das man notfalls auch verzichten könnte, ja nicht mehr. Dann sind solche Staatsanleihen nur noch sowas wie Festgeld bei der Bank.

Und was die guten Seiten der griechischen Wirtschaft angeht:
Was für Stärken außer dem Tourismus hat die eigentlich ?

@Olome:
Die Griechen sind vor allem (genau wie jedes andere Land) verantwortlich für ihren Staatshaushalt, darum gehts, nicht um den Betrug bei Stabilitätskriterien die nach der Euro-Einführung sowieso niemand mehr eingehalten halt. (Sowas fördert natürlich nicht grad das Vertrauen, aber das wars dann auch)

Und wenn du bei Deutschland mal eben 50%+x Aufschlag auf die offiziellen Schulden drauf haust, dann kannst du das bei Griechenland genauso machen. Würde mich auch in beiden Fällen nicht wirklich wundern, wenns stimmen würde.

Die USA hab ich auf deiner Seite (zumindest in den Grafiken, lesen will ich das jetzt nicht alles) nicht gefunden, laut Wiki liegen die bei gut 80% Verschuldung:
http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung#Internationaler_Vergleich
Wobei die USA natürlich auch alles andere als wirtschaftlich gesund sind, keine Frage. Nur das Risiko, das man das Geld, das man ihnen heute borgt, nicht wiederbekommt, dürfte wohl noch überschaubar sein. Betonung auf noch, aber das gilt für alle Staaten. Früher oder später muss dieses ständige Schulden machen schiefgehen.

Interesannter ist auf jeden Fall Japan mit fast 200% (soweit ich mich erinnere u.a. weil man in den 90ern mit massiver Nachfragestimulation aus der Krise kommen wollte), die Schuldenquote bestimmt also nicht alleine, für wie kreditwürdig man jemanden hält.


PS.:
Stehen zwei Kaufsüchtige vorm Schuldenberater, einer mit 100.000 Schulden, einer mit 70.000. Fragt der Eine den Anderen: Kannste nicht mal für mich bürgen ? Dann können wir zur Bank statt zum Schuldenberater gehen.. :D
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
USA

Und wenn du bei Deutschland mal eben 50%+x Aufschlag auf die offiziellen Schulden drauf haust, dann kannst du das bei Griechenland genauso machen. Würde mich auch in beiden Fällen nicht wirklich wundern, wenns stimmen würde.
Nein, die Griechen sind ja gerade gründlich durchgerechnet worden. Da müsstest du jetzt Euro-Stat misstrauen. Zu Deutschland kann ich dir auch sagen, wo die versteckte Verschuldung ist: Sondervermögen für Beamte der Bundesbahn, der Bundespost usw. sowie in den Sozialversicherungen. Es gibt etwa ein Dutzend Sondervermögen, die nicht im Bundeshaushalt aufgelistet sind, aber jede Menge deutscher Zahlungsverpflichtungen enthalten.

Die Griechen sind vor allem (genau wie jedes andere Land) verantwortlich für ihren Staatshaushalt, darum gehts, nicht um den Betrug bei Stabilitätskriterien die nach der Euro-Einführung sowieso niemand mehr eingehalten halt. (Sowas fördert natürlich nicht grad das Vertrauen, aber das wars dann auch)
Das hab ich nicht gemeint. Die falschen Zahlen über Verschuldung vor der Wahl und dann vor allem nach der Berichtigung nach der Wahl wieder zu niedrige Angaben. Das hat Griechenland enorm viel gekostet.

Zu Japan: Das liegt daran, dass die japanische Wirtschaft noch außerordentlich wettbewerbsfähig ist. Was man von den USA nicht mehr behaupten kann: Wichtigste Exportgüter hier: Tierfutter und Schrott. Das ist nicht die Bilanz einer Industrienation. GB hat auch keine Industrie mehr und die Landwirtschaft reicht auch nicht, um die Bevölkerung zu ernähren.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Naja, immerhin haben wir damit schonmal andere Bewertungsmaßstäbe als den Schuldenstand alleine. :D

Den Artikel les ich mir irgendwann mal in Ruhe durch, von über 100% vom BIP seh ich in den Grafiken im Moment nichts, aber so oder so ist das nur noch ne Frage der Zeit.

In Sachen Vertrauen spielt da wahrscheinlich auch einfach die Größe ne Rolle: Nach Island konnte man sich vorstellen das kleinere Länder pleite gehen können, noch dazu wenn ihre Wirtschaft anfällig für diese spezielle Krise ist (keine Ahnung wie das in Griechenland ausschaut, die Frage nach den wirtschaftlichen Stärken war durchaus ernst gemeint, vielleicht ergibt sich daraus schon nen Ansatzpunkt), aber nen großes Land wie die USA ist dann doch nochmal ne andere Geschichte, und notfalls ist der Tierfutter-Export aus einem flächenmäßig großem Land immer noch ne bessere Sicherheit als gar nichts, wenns nur um die Ausfallsicherheit geht.

Und wo wir von Vertrauen reden sind halt vielleicht die Betrügereien auch noch im Gedächtnis geblieben, mir gings aber darum, dass diese Betrügereien nicht der Grund sind, warum ich Hilfe nur gegen verbindliche Zusagen geben würde und nicht auf jeden Fall. Das wäre genauso, wenn Griechenland seine Zahlen immer korrekt veröffentlicht hätte.
Im Extremfall könnte man sich halt vorstellen, dass als Vorwand dafür herzunehmen, Griechenland aus dem Euro auszuschließen, aber wenn bis dahin die nächsten Länder Hilfe brauchen, denen man sowas nicht nachweisen kann, ist man dann auch nicht viel weiter. Ein tragfähiges Regelwerk, zu welchen Bedingungen Überbrückungskredite gegeben werden können, wäre da besser.
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
Griechenlands wirtschaftliche Basis ist vor allem Tourismus, wobei ihnen allerdings die Türkei langsam den Rang abläuft. Dazu gibts noch etwas Olivenöl usw. Nichts nennenswertes. USA und GB sind in erster Linie Finanzzentren. Sonst ist da auch nicht mehr so viel.
 

Ysrthgrathe

Senior Member
Registriert
16.06.2001
Beiträge
1.601
Na ja,sind die Griechen wirklich völlig selbst an ihrer Lage schuld sind?
Schauen wir uns mal die Geschichte Griechenlands an.
Griechenland wurde im zweiten Weltkrieg von Deutschland ausgeplündert wie kein anderes nicht-"slawisches" Land.
Reparationszahlungen gab es anschließend auch bestenfalls symbolisch (115 Millionen DM ab 1960), da waren vorher viele andere Länder dran.
Dann hatten sie einen Bürgerkrieg von Juni 1946 bis Oktober 1949, der 100.000 Menschenleben kostete und zur einem totalen Zusammenbruch der nach dem Krieg verbliebenen Infrastruktur des Landes führte.
Der Wiederaufbau wurde von 1950-1967 durch massive innere Konflikte zwischen den Kommunisten und Antikommunisten behindert, es gab häufig Übergangsregierungen und es herrschten unsichere Verhältnisse. Zudem gab es auch wesentlich geringere Hilfeleistungen seitens der Amerikaner als bei den anderen westlichen Staaten in Europa. Vor allem die Deutschen haben im Gegensatz dazu ganz enorm von solchen Hilfen profitiert.
Aufgrund der innenpolitischen Krisen putschte das Militär, von 1967–1974 hatte Griechenland eine Militärdiktatur mit Repressionen, Deportationen, Folterungen und strenger Pressezensur. Das tat der Wirtschaft des Landes auch nicht besonders gut, vor allem, da das Regime hauptsächlich den Tourismus und die Landwirtschaft förderte.
Erst seit 1974 gibt es wieder eine Demokratie in Griechenland, erst ab jetzt können "die Griechen" überhaupt selbst verantwortlich sein.
Der Zerfall von Jugoslawien ab 1990 erschwerte dann den Transitverkehr zwischen Griechenland und Westeuropa ganz erheblich, es musste mühsam auf Schiffstransfer umgestellt werden.
Die Deutschen, als Exportweltmeister, halfen (wie Darghand schön erklärt hat) ebenfalls ganz erheblich mit, dass Griechenlands Industrie nie richtig zum Westen aufschließen konnte.

Die Griechen haben auch nicht zum Spaß derart viele Staatsangestellten. Würde der Staat die Menschen nicht anstellen, hätten sie eine Arbeitslosenquote von 30% und einen extremen Braindrain.
Wenn man aber derart viele Staatsangestellte hat, muss man sich nicht wundern, wenn diese faul sind. Was sollen die denn alles verwalten?
Außerdem ist deren Gehalt mit dem von deutschen Beamten in keiner Weise zu vergleichen, für so ein Gehalt würde ein deutscher Beamter gar nicht erst aufstehen.

Nicht zuletzt gehören zum Schuldenmachen immer zwei. Wenn die Banken das Geld seit der Finanzkrise von den Zentralbanken praktisch zinsfrei hinterhergeschmissen bekommen und davon massenhaft griechische Staatsanleihen mit garantierten 5% Gewinn kaufen, liegt das Problem nicht nur bei den Griechen. Schließlich wissen die Banken genau, dass griechische Staatsanleihen eigentlich risikofrei sind. Wird Griechenland nicht gerettet, werden ja schließlich die "systemimmanenten" Banken, die sich verspekuliert haben, garantiert gerettet. Das lehrt die Erfahrung.
Da sind wir selber Schuld, dass wir es nicht schaffen, die Banken auch nur im geringsten zu regulieren.
Jetzt kommt irgend so eine Monopolclique von Ratingagenturen daher und stuft Griechenlands Staatsanleihen von heute auf morgen als "Ramsch" ein.
Welcher deutsche Häuslebauer oder welche Firma würde es denn überleben, wenn Kredite plötzlich 15% Zinsen kosten?
Nicht zuletzt haben wir die Griechen selbst in die Eurozone reingelassen, obwohl diese Probleme alle bekannt waren. Als die Probleme sich verschlimmert haben, hat auch niemand reagiert. Damit hätte man schließlich auch darauf hingewiesen, dass man selbst die selben Probleme hat.
Wie oft in den letzten 10 Jahren hat Deutschland die Stabilitätskriterien selbst verletzt? 2002, 2003, 2004, 2008, 2009 . Fehlt noch ein Jahr?

Welche Alternativen gibt es überhaupt? Den Euro wieder abschaffen? Alle Griechen Zwangsarbeit leisten lassen?
 

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@Y: Im Großen und Ganzen Zustimmung. Jedoch eine Sache: Wer hat denn im 2. Wk Griechenland besetzt? Die längste Zeit war das Italien. Erst nach Umschwenken Italiens kam es zur deutschen Besatzung, die mit dem allgemeinen Rückzug an allen Fronten auch recht bald endete.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Die Schweden haben übrigends auch 30% Beamte. Mangel an Arbeit ist da wohl eher nicht der Grund. Nur eben eine völlig andere Vorstellung von Staat.
 

Ysrthgrathe

Senior Member
Registriert
16.06.2001
Beiträge
1.601
@Olome
Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? :D

kurz bei wiki nachgeschaut:
Über 70 Prozent Griechenlands, darunter Athen, der Peloponnes sowie die meisten griechischen Inseln, kamen unter italienische Besatzung. Bulgarien besetzte Ostmazedonien, die Inseln Thasos und Samothrake und annektierte einen Landstreifen westlich des Strymon. Trotzdem wurden die Sachwerte auch in diesen Gebieten von deutschen Besatzungstruppen beschlagnahmt und nach Deutschland gebracht, dies betraf sowohl erzeugte Güter wie Seide oder Tabak, als auch Maschinen oder Fahrzeuge. Deutschland hatte sich vertraglich das Recht zur unbeschränkten Ausbeutung der Bodenschätze und zur Abschöpfung landwirtschaftlicher Produkte von Bulgarien gesichert, ebenso die wirtschaftliche Ausbeutung der italienischen Zone[6].
..
In den Wintern 1941/42 und 1942/43 starben im Athener Ballungsgebiet über 100.000 Menschen den Hungertod, da die Besatzungstruppen der Achsenmächte alle Nahrungsvorräte konfiszierten. So wurde durch die erzwungene Ausfuhr der fast gesamten griechischen Produktion noch eine positive Handelsbilanz zum deutschen Reich in Höhe von 71 Mio. Reichsmark festgestellt, die dann mit extremen Besatzungskosten (auf Wunsch von Hitler in Aufbaukosten umbenannt) verrechnet wurden. Griechenland hatte von allen besetzten Ländern die höchsten Besetzungskosten zu zahlen.
...
Um von der Bevölkerung mehr Sachwerte abzuziehen, wurde der Banknotenumlauf gesteigert. Der wirtschaftliche Zusammenbruch war abzusehen und wurde in Kauf genommen. Besonders die fehlenden Lebensmittel führten zu einer Hungerkatastrophe und einer Säuglingssterblichkeit von 80%. Von 300 im Oktober 1944 in Athen untersuchten Kindern waren 290 an Tuberkulose erkrankt [8]
Besatzungskosten waren übrigens üblicherweise 50 Prozent des letzten Friedenshaushaltes eines Landes, also ganz schön happig. Bei Griechenland offenbar noch höher, wenn es dort die höchsten Besetzungskosten aller Länder waren, aber wie hoch? Keine Ahnung.


Sorry fürs offtopic und das lange Zitat.
 
Zuletzt bearbeitet:

Olome Keratin

Gleichgewichtiger
Registriert
07.06.2008
Beiträge
3.151
@Y: Wenn das so war, frag ich mich bloß, warum die Italiener das Land besetzt haben. Das hat ja für sie dann nur Kosten verursacht und nichts abgeworfen.:hae:
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Das hat der Duce meinem Verständnis nach gemacht, damit er auch mal ein bisschen herumprotzen kann und nicht die Deutschen alleine die Länder einnehmen.

Sprich Musolini ist erst auf diese Idee gekommen, nachdem die Deutschen angefangen haben, und hat das nie genau durchdacht oder groß etwas mit dem Ergebnis anfangen können.

Er brauchte IIRC dann auch Hilfe von den Deutschen, weil er alleine nicht mehr weiterkam.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
@Ysrthgrathe:
Das wir die Griechen in die Eurozone gelassen haben, obwohl man hätte ahnen können, dass das Probleme gibt stimmt natürlich, aber dann ist es doch durchaus eine Überlegung wert, das wieder rückgängig zu machen anstatt Griechenland um jeden Preis im Euro zu halten.

Wenn beim Übergang in eine nationale Währung auch die Auslandsschulden auf diese neue Währung umschreibt, werden am Ende auch die Verluste haben, die Griechenland Kredite gegeben haben, und in Zukunft sind die vielleicht vorsichtiger. Aber genau das will ja eigentlich auch niemand, weil die Staaten schlicht und ergreifend auf Kredite angewiesen sind, weil sies nicht schaffen, sich wenigstens in guten Zeiten selber zu finanzieren. Damit gibt man natürlich auch den Kreditgebern sehr viel Macht. Ein Staat, der sich mit seinen Steuereinnahmen finnazieren kann (ich weiß, ulkige Vorstellung :D ) hätte solche Probleme nicht und wäre damit auch unabhängiger.

Aber für die traurige Geschichte Griechenlands nach WW2 können wir dann auch nicht wirklich was, und seit Griechenland in der EU ist fliesst ja auch Geld von den reichen Ländern dorthin, aber diese Solidarität ist auch nicht grenzenlos und kann kein Vollkaskoschutz sein.

Von mir aus kann man auch nochmal über Reperationszahlungen verhandeln, die Verantwortung für das dritte Reich hat die BRD als Rechtsnachfolger schließlich übernommen, aber wenn Griechenland sein Verhalten nicht ändert, würde das Geld auch bald verbrannt sein und das Problem wäre wieder genau dasselbe wie heute.

PS.:
Überflüssige Staatsangestellte sind im Endeffekt auch nur (extra teure und aus der Statistik gestrichene) Arbeitslose, so löst man das Problem nicht, sondern erschwert das im Gegenteil sogar noch, weil das Problem so kaschiert wird. Das ist auch nichts Anderes, als wenn bei uns Arbeitslose Bäume zählen, Bärchen aus Teppichresten ausschneiden oder gespendete Puzzels probepuzzeln ehe sie an die Kindergärten gehen. :rolleyes:

Da wäre ein "brain drain" besser, Ausgewanderte kosten daheim nichts und überweise oft sogar noch Devisen an die Familien daheim, in manchen Ländern ist das eine der wichtigsten Einnahmequellen. (Ob das 'brain' nun weggeht oder unnutz am Schreibtisch sitzt und Bleistifte spitzt, Letzteres ist die größere Verschwendung von Geld und Talent)
 
Zuletzt bearbeitet:

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Zuletzt bearbeitet:
Status
Für weitere Antworten geschlossen.
Oben