Da standen sie nun alle um den schwer verwundeten Cre'lièn herum und konnten nichts für ihn tun. Alle Handgriffe Pench’jays schienen umsonst zu sein. Sein Atem wurde flacher, der zerfetzte Brustkorb des Bryè'harzôn bewegte sich kaum noch. Das Blut sickerte ohne Unterlass aus dem aufgerissenen Körper. Selbst seine Innereien drückten trotz der Unterstützung Jithûans immer wieder an der Stelle raus. Die Gardistinnen blickten gleichzeitig in die Richtung des Day'nors. Valrey war sofort klar, was das bedeutete. Er hatte innere Verletzungen. Unter diesen Umständen und fehlte ihnen einfach das nötige Equipment um ihn auch nur ein wenig länger am Leben zu erhalten. Er öffnete das Visier seines Kampfhelmes. Jeder konnte die Trauer über diese mutige Tat sehen und erkennen. Er hatte seinem Fürsten das Leben gerettet - und musste dafür sterben. Eine Träne kullerte über seine schmale tättowierte linke Wange. Trotz seiner nach aussen hin sichtbaren Anteilnahme ging es ihm näher als alle sehen konnten. Niemals hatte er sich gewünscht, dass jemand für ihn sterben würde. Erst jetzt verstand er, was sein Titel und Amt für alle anderen bedeuteten. Langsam bückte er sich zu ihm runter. Sein Blick wurde ihm gläserner. Der Geächtete hatte bereits seinen letzten Gang in die kristallenen Hallen - vorausgesetzt er würde seine Ehre zurückerhalten.
Seicht streichte er über die zittrige Stirn des doch recht jungen Kriegers. Kein Laut der Schmerzen wisch über seine Lippen. Auch im letzten Atemzug bewies er mehr Mut und Kraft als so mancher, den er früher kannte. Nacheinander wanderten seine Blicke zu allen Anwesenden. Erst dann betrachtete er wieder den Sterbenden.
"Wahrlich, mit dieser Tat keinst du voll stolz behaupten, dass du ehrenhaft bist. Der Bewahrer und Retter deines Day'nor. Deine Familie hat jeden Grund stolz auf dich zu sein, Krieger."
Ein freudiges Lächeln bildete sich auf den ungewöhnlich blassen Gesicht. Mit dem Blut, dass nun auch bereits aus Nase und Mund floss wirkte es eher wie eine groteske Maske, um kleine Eldar zu erschrecken. Doch nun war er frei von aller Schuld der Vergangenheit. Mit einem leisen erleichterten Seufzer wanderte seine Seele von seinem Körper in den Seelenstein seiner Rüstung. Der Kopf klappte leblos zur Seite. Der ganze Körper war an sich ohne Halt und Kraft mehr. Als letzte Salbung schloss Valrey seine Augen und nahm den Stein des Verstorbenen an sich. Gut verstaut sollte er bei ihrer Rückkehr auf der Da’ruk Enyahr in der Halle der Seelen den ihm gebührenden Ehrenplatz erhalten.
Die letzten Minuten waren sie voll und ganz auf die Trauer und den Abschied ihres Gefährten gewesen. Vor allem die Bryè'harzôn waren über seinen Freispruch erfreut. Doch nickten auch alle anderen Garde- und Elitekrieger voller Wohlwollen. Er hatte es wahrlich verdient den ehrenvollsten und heldenhaftesten aller Tode zu sterben. Auch wenn Valrey es hasste, er war nunmal ihr Fürst, ihr General und Anführer, wie auch Richter in allen sozialen und militärischen Fragen.
Nun war der Abschied vorüber und Cre'lièn ist hinübergegangen in eine andere Welt.
Ihre Geister, ihre Sinne und Verstand waren wieder frei. Erst jetzt vernahmen sie die Schritte und leisen Stimmen ausserhalb des schweren Panzers. Sie bekamen Besuch.
"Ein leichter Hooverpanzer ist direkt auf elf Uhr."
Beraks Information war genau das, was Valrey vermutet hatte. Sie hatten ein Begleitfahrzeug. Innerlich hoffte er, dass sie ihre komplette Ausrüstung dort anfinden würden. Das sie intakt wäre setzte er erstmal voraus. Überlegend schaute er wieder die übrigen zehn an. Irgendwie mussten sie die Wachmannschaft vor der Heckklappe ausschalten ohne, dass der zweite Panzer den Rückzug antreten konnte.
"Wir bilden zwei Gruppen!"
Kaum hatte er ihnen seinen Plan schnell und knapp erklärt, so hämmerte es auch schon an die Klappe. Die Fragen waren auf volonisch - eine Sprache, mit der sich weder Eldar noch Dark Eldar aus stolz jemals beschäftigen würden. Ausgenommen die Garde Mordo'Gath natürlich. Unauffälligkeit war ihre Lebensversicherung.
Dennoch konnte sich jeder denken, was sie wissen wollten. Valrey entriegelte die Klappe - und dann brach der Wahnsinn über die überraschten Volonen.
Der massige Leib Draj’khûls sprang ihnen mit wutverzerrtem Gesicht entgegen und begrub dabei drei Volonen unter seinem kolossalen Körper. Hinter ihm folgten die beiden Ber'isae, die gelernt hatten auch ohne Waffen im Nahkampf tödliche Gegner zu sein. In ihren Augen stand die Gier nach Rache und der Blutdurst, der sie in einen rassenden Zustand versetzte. Doch schaffte es ein Volone noch einen Schuss abzugeben. Nur um anschliessend mit einem kräftigen Tritt zu Boden befördert zu werden. Kaum hatten die drei den Panzer verlassen konnte man nur noch eine grosse Staubwolke erkennen. Doch trotz der Warnung an das Begleitfahrzeug war es bereits zu spät. Denn bevor die Lucke aufgegangen war, hatten die beiden Gardistinnen mit den restlichen vier Geächteten über eine vordere Lucke möglichst unbemerkt den schweren Hoovertank verlassen. Als die verbleibende Mannschaft des Schützenpanzer die Klappe schliessen wollte wurden sie von sechs äusserst aufgebrachten Dark Eldar Kriegern überwunden - und sie ruhten erst als auch die beiden Fahrer blutend und leblos am Boden des Gefährtes lagen.
Auch die Freude war gross, als sie in dem Gefährt stand weiteren Volonen ihre komplette Ausrüstung vollkommen intakt auffanden. Mit einem Lächeln und blutverschmierten Händen verkündeten sie die freudige Nachricht.
Als Pench'jay zu ihrem Herrn kam erstattete sie als ranghöchste Kämpferin Bericht.
"Mein Herr, alle Volonen sind gefallen. Kein Anzeichen eines gesendeten Hilferufs. Die komplette Ausrüstung ist intakt im Begleitfahrzeug."
Stolz rollten ihr die Worte über die Zunge. Dann zeigte sich neugierde in ihren Augen und sie suchte irritiert die Umgebung ab.
"Herr wo ist De'roen..."
"Er liegt drinn!"
Erst bei seiner abrupten Antwort erkannte sie die Trauer in seinen Augen und den dunkelblauen Seelenstein in seinen Händen. Unglaube machte sich in ihr breit. Die Augen füllten sich mit Tränen.
"Aber wie..."
"Ein verirrter Schuss war sein Schicksal. Nur knapp ging er an mir vorüber und traf ihn genau da, wo keine Rettung möglich war. Ich hab es auch erst gemerkt, als ich ihn hinter mir stöhnen hörte!"
Mit diesen Worten tat er einen kleinen Schritt bei Seite und die Gardistin warf einen Blick auf ihren Vorgesetzten. Der Helmschutz am Hals war seitlich komplett zerschlagen. Ein dunkles Loch deutete auf die offensichtliche Verwundung des Halses. Er lag keine zwei Schritt von Cre'lièn entfernt. Flach auf dem Rücken. Unter Kopf und Hals hatte sich eine grosse Blutlache gebildet. Sein Ableben durfte nicht länger gedauert haben, als der Blitzangriff der beiden Gruppen. Sie vergoss eine einzelne Träne für den Mann, der eine zeitlang ihr ein Vater war.
Sobald alle wieder ihre Ausrüstung in Händen hielten, gerüstet und bewaffnet waren galt es das 999ste zu finden um ihre Mission zu Ende zu bringen. Bereits zwei ihrer Brüder waren gefallen. Das war schon zu viel für Valreys Geschmack. Er hoffte nur, dass es Horrigan, trotz seiner schweren Verwundung, und den anderen besser ergangen war!