Hochbegabung ist subjektiv und auch nicht, natürlich ist es jedem selbst überlassen, wen er für sehr intelligent oder hochbegabt hält und wen nicht, andererseits ist Hochbegabung halt eine Schublade, die bestimmte Kriterien enthält, die erfüllt sein müssen, um als hochbegabt zu gelten. Und das ist durchaus relevant, wenn es um Förderung geht. Für mich, ich bin 25 Jahre alt, habe längere "Depressionen" hinter mir, Abitur mit "ach und krach" geschafft - d.h., mit massiven psychischen Problemen, 70 unentschuldigten Fehltagen im ersten Halbjahr der 13. Klasse, anschließender Psychiatrisierung (auch nicht irrelevant in dieser Hinsicht, beides hängt doch enger zusammen als man vermuten mag) seitens der Schule, weil sie nicht mehr wussten, was sie mit mir tun sollen und dem Abitur im nächsten Jahr, ist es halt durchaus relevant. Denn mit dem "Hochbegabten"-Status wäre für mich ein Wiedereinstieg wesentlich leichter, aber ich erreiche halt nicht die "magische" 130, da nützt es mir auch nicht, dass ich in mehreren Teilbereichen über 140 liege...
Ich denke, es ist wichtig, zu differenzieren. Hochbegabt sind nicht nur diejenigen, die ohne Probleme, mit fast schon erstaunlicher Leichtigkeit, durch Schule und Ausbildung kommen und anschließend in einem hohen Beruf arbeiten; hochbegabt sind auch nicht nur diejenigen, die eigentlich viel können müssten, im Unterricht aber nur durch Stören und Abwesenheit auffallen und dennoch einigermaßen durchkommen um später als "Underachiever" zu gelten (und vielleicht auch nur, wie auch in meinem Fall, durch z.T. auch unerkannte psychische Probleme zu Underachivern werden) - hochbegabt sind Menschen, die ein (in einem oder einigen Bereichen - partiell hochbegabt, oder in vielen bis allen Bereichen und mit einem gesamt-IQ von über 129 - im Sinne der allgemeinen Definition hochbegabt) ein weitaus höheres Potenzial als der Durchschnitt haben.
Ändert nichts daran, dass man manchen Menschen die Begabung ansieht, manchen nicht und sie sich bei manchen vielleicht auch nur einbildet. Und - bin ich nun hochbegabt oder nicht, mit einem sehr inhomogenen Intelligenzprofil, einigen Bereichen im Extrembereich (sowohl im unteren als auch im oberen) und dem Rest irgendwie "überdurchschittlich"? Das ist nicht leicht zu beantworten, und je nach betrachtungsweise bin ich begabt oder behindert.
Darauf wollte ich, auch mit meinem Beispiel, hinaus. Habe den Eindruck, dass ich es nicht so rüberbringen konnte. Und bitte vergiss bei der Außenbewertung nicht den subjektiven Eindruck. Vor allem bei Kindern kann der durchaus irreleiten.
Ich weiß nicht, worauf du mit "Ich halte es nur für falsch so zu tun als wären alle Menschen gleich begabt" hinaus möchtest, ich habe nichts derartiges geschrieben. Erian hat "alle Kinder sind hochbegabt" zitiert, ich weiß nicht, woher das stammt und aus welchem Kontext, aber mir gefällt das, wenn ich übersetzen darf mit: "Jedes Kind hat Stärken, die es ausspielen könnte, wenn sie gefördert werden würden". Es ist meiner Ansicht nun mal leider so, dass Menschen in dieser Gesellschaft idR an ihren Schwächen gemessen werden und darin gefördert werden, diese Schwächen dem Durchschnitt anzugleichen, als das man die Stärken der Menschen sieht und fördert.
Ich habe nichts gegen Normen - Normen sind in einem gewissen Maß wichtig um das gesellschaftliche Zusammenleben zu ermöglichen, aber wenn Normen dazu führen, dass Menschen nur noch dem Durchschnitt angeglichen werden und nur die sehr wenigen Menschen, die deutlich positiv normabweichend wahrgenommen werden (=HB) dem zumindest ein bisschen ausbrechen dürfen, behindert das. Aber ich halte es auch für sehr schwierig, eine individuelle Förderung in einem System, in dem ein durchaus großer Anteil aller Schüler das Abitur machen "muss", zu ermöglichen.
Und ich habe durchaus den Eindruck, dass unsere Gesellschaft entgegen der öffentlichen Darstellung immer intoleranter wird.
Meiner Ansicht nach musst du zwischen Bildung/Wissen und Gedächtnis/Intelligenz trennen, denn das Gedächtnis gehört ebenso zur Intelligenz, wie ich sie definiere (Intelligenz als grundsätzliche, angeborene Leistungsfähigkeit), es ist zwar auch möglich, ein außerordentlich gutes Gedächtnis zu erwerben (es gibt Berichte von Menschen, die durch spätere Hirnschäden zu einem überragenden Gedächtnis gekommen sind), aber das würde an dieser Stelle zu weit führen.